12. März 2023

Keine LNG-Pipeline vor Rügen!

Als Insula Rugia – Verband zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung der Insel Rügen und Förderverein des Biosphärenreservates Südost-Rügen – lehnen wir das LNG-Pipeline-Projekt strikt ab und erheben Einwendung.

Petitions-Keyvisual - Kein LNG vor Rügen!

Betrifft Beantragung Planfeststellungsbeschluss nach Energiewirtschaftsgesetz seitens Gas Link Lubmin GmbH c/o RWE Supply & Trading GmbH für Erdgaspipeline durch die Ostsee von der Prorer Wiek nach Lubmin einschließlich Landfall, zwei oder mehreren Riser Towers und mehreren FSRUs/FSUs im bezeichneten Seeabschnitt bei Bergamt Stralsund (Zeichen der Behörde: BA200; 663/OstseeLNG_L/02)

Als Insula Rugia sind wir gegen den beantragten Planfeststellungsbeschluss zur Errichtung und zum (offenbar) unbefristeten Betrieb einer Pipeline mit fossilem LNG/Erdgas sowie die (offenbar) ebenfalls beantragte Zulassung des vorzeitigen Beginns und fordern ausdrücklich den Planfeststellungsbeschluss nicht zu erlassen bzw. nicht zu erteilen.

Wir sind der Überzeugung, dass das Vorhaben nicht nur bisher erreichte Ergebnisse in der Entwicklung des UNESCO-Biosphärenreservates Südost-Rügen eklatant gefährdet, sondern auch eine gedeihliche und zukunftsfähige Entwicklung der Insel Rügen insgesamt infrage stellt.

Stellungnahme

Das beantragte Vorhaben würde bei Genehmigung und Realisierung unabhängig von seiner Größenordnung

  • die Meeresumwelt an der Küste von Rügen erheblich belasten und nicht kalkulierbare Gefahren für Natur und Landschaft unserer Insel mit sich bringen,
  • die Gesundheit der Menschen auf der Insel durch permanente Lärmemission gefährden und die Lebensqualität von uns Einwohnern ebenso einschränken wie die Qualität als Urlaubsdestination, beides unvereinbar mit Zielen nachhaltiger Regionalentwicklung und des UNESCO-Biosphärenreservates Südost-Rügen,
  • im Havarie- oder Sabotagefall verheerende Auswirkungen auf die ganze Region haben,
  • Politikverdrossenheit, zivilgesellschaftliche Resignation und soziale Verwerfungen provozieren und damit Demokratie gefährden,
  • durch die Errichtung von neuer Infrastruktur zur klimaschädlichen Nutzung fossiler Energieträger sowie durch den mit erheblichem CO2-Ausstoss und weiteren Umweltbelastungen und mit Havariegefahr verbundenen Transport des LNG Klimaschutzziele konterkarieren.

Nach DIW aktuell Nr. 86 vom 22. Februar 2023 ist „Deutschlands Gasversorgung ein Jahr nach russischem Angriff auf Ukraine gesichert, kein weiterer Ausbau von LNG-Terminals nötig“.

Wir halten es für absolut inakzeptabel, Menschen und Natur, Umwelt und Klima den mit dem Vorhaben verbundenen erheblichen Belastungen und Gefahren auszusetzen.

Forderungen

Die geplante Realisierung der Leitung stellt für uns eine inakzeptable Infrastruktur dar, da sie auf keiner rechtlichen Grundlage beruht. Sollte das Bergamt Stralsund ungeachtet der Einwendungen das Planfeststellungsverfahren gleichwohl weiter betreiben wollen, beantragen wir:

  1. zunächst die Wiederholung der Auslegung der Antragsunterlagen und, sobald tatsächlich vollständige Anträge und Unterlagen vorliegen, die erneute Gelegenheit zur Stellungnahme bzw. zur Erhebung von Einwendungen, 
  2. die Durchführung eines Erörterungstermins sowie 
  3. einer Klimazielverträglichkeitsprüfung, 
  4. einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und 
  5. einer FFH-Verträglichkeitsprüfung.

Wir befürchten, dass das geplante Vorhaben eine weitere Verschlechterung des Ostseezustandes herbeiführen wird. Die Zielvorgaben nach WRRL, Meeresstrategie Rahmenrichtlinie (MSRL), Fauna-Flora-Habitat Richtlinie (FFH-RL) und Vogelschutzrichtlinie (VRL) werden dadurch weiter verzögert.

Wir sind der Auffassung, dass das Vorhaben aufgrund einer fehlerhaften Rechtsgrundlage, einer falschen Bedarfsannahme sowie Mängeln in der artenschutzfachlichen Betrachtung und offener Naturschutz- und Schadstofffragen nicht genehmigungsfähig ist.

Unsere Einwendungen im Einzelnen:

Eine umfassende und sachgerechte Beurteilung von Auswirkungen ist nur im Zusammenhang eines Gesamtvorhabens möglich. Der Bau einer submarinen Pipeline von einem fiktiven Punkt in der Ostsee vor der Küste von Rügen durch den Greifswalder Bodden zu einem Anlandepunkt bei Lubmin als Einzelmaßnahme  ergibt keinen Sinn. Es wäre gleichwohl ein erheblicher, nicht ausgleichbarer Eingriff in das marine Ökosystem. Die Aufteilung in Teilprojekte lässt beabsichtigte „Salamitaktik“ vermuten, um „Sachzwänge“ zur abschnittsweisen Genehmigung des Gesamtvorhabens zu schaffen. Diese Vorgehensweise ist absolut inakzeptabel.

Die geplante Streckenführung verläuft vollständig durch marine Schutzgebiete des europäischen Schutzgebietsnetzwerk NATURA 2000: Vogelschutzgebiet „Westliche Pommersche Bucht“ DE 1649-401, Vogelschutzgebiet „Greifswalder Bodden und südlicher Strelasund“ DE 1747-402, sowie die FFH-Gebiete „Greifswalder Boddenrandschwelle und Teile der Pommerschen Bucht“ DE 1749-302 und „Greifswalder Bodden, Teile des Strelasundes und Nordspitze Usedom“ DE 1747-301. Der Bau würde eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes bedeuten und somit EU-Recht verletzen. Das Fehlen von Umweltverträglichkeitsprüfung und FFH-Verträglichkeitsprüfung ist rechtswidrig und schließt eine Bearbeitung des Antrages von vornherein aus.

Als Schutzgüter würden bei einer Bauausführung mehrere Arten rastender bzw. überwinternder Meeresvögel, mariner Säugetiere (Schweinswal, Kegelrobbe, Seehund), Fische und Biotope (Sandbänke, Riffe, Seegraswiesen) mit entsprechender mariner biologischer Vielfalt u.a. durch Baggerarbeiten, Sedimentfahnen, Unterwasserlärm geschädigt. Eine Genehmigung wäre auch in Anbetracht bereits bestehender Belastungen der Ostsee unverantwortlich.

Zudem würden Regelungen internationaler Übereinkommen, deren Vertragsstaat Deutschland ist, verletzt, so die Bonner Konvention zum Schutz wandernder Tierarten, das Eurasisch-Afrikanische Wasservogel-Abkommen, das Kleinwalabkommen, die Konvention zur biologischen Vielfalt (CBD). Sie werden in den Antragsunterlagen nicht einmal erwähnt, geschweige denn berücksichtigt.

Der Greifswalder Bodden würde durch den Bau einer weiteren Pipeline – bekanntlich liegen bereits vier derzeit funktionslose Gaspipelines im Greifswalder Bodden – auch als Hauptlaichgebiet des Ostseeherings weiter geschädigt. Dies würde eine erhoffte Erholung der Heringsbestände infrage stellen, die derzeitigen Fangbeschränkungen ins Leere laufen lassen und dem regionaltypischen Wirtschaftszweig der Küstenfischerei den Todesstoß versetzen. Das wäre nicht nur ein wirtschaftlicher sondern auch kultureller Verlust für das Biosphärenreservat Südost-Rügen und die ganze Region.

Die nach Medieninformationen beabsichtigte Errichtung von LNG-Terminals am Anfang der geplanten Pipeline (eine blind im Meer beginnende Pipeline würde wahrlich keinen Sinn ergeben) ist wegen mehrfacher Belastungen und nicht kalkulierbarer Risiken absolut inakzeptabel:

  • umweltbelastende Gewinnung von Fracking-Gas,
  • energieaufwendiger und umweltbelastender Ferntransport per Schiff, 
  • erhebliche Zunahme des Schiffsverkehrs in der Ostsee mit hohem Kollisions- und Havarie-Risiko (schon jetzt vielbefahrene Kadettrinne, Windparks),
  • Umweltbelastung für die Küstenregion von Ostrügen bei laufendem Betrieb (Lärm, Wasserverschmutzung, Luftverschmutzung durch Abgase des Schiffsverkehres),

Da es weder eine Notwendigkeit im Hinblick auf die Versorgungssicherheit (s.o.) noch einen Rechtsanspruch des Antragstellers gibt und das Vorhaben mit erheblichen Belastungen für Bewohner und Gäste der Urlaubsregion Rügen und mit Schäden für Umwelt, biologische Vielfalt und Klima verbunden wäre, wäre eine Genehmigung nicht nachvollziehbar und angesichts des Gefährdungspotentials nicht verantwortbar.

2023-03-20T08:47:46+01:00

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